Als gleichgeschlechtliches Paar Hand in Hand am Strand entlangschlendern oder als Regenbogenfamilie ein entspanntes Mittagessen in einem Restaurant genießen – was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist in vielen Ländern dieser Welt leider immer noch nicht problemlos möglich. Denn mancherorts werden Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung verurteilt oder verfolgt. Wer Teil der LGBTQI+-Community (LGBTQI steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Queer und Intersexuell) ist und einen sicheren, entspannten Urlaub verbringen möchte, sollte also schon bei der Planung auf die Auswahl des richtigen Reiseziels achten. Wir stellen unsere Top LGBTQI+-freundlichsten Reiseländer vor.

Welche Länder sind LGBTQI+-freundlich? Der „Gay Travel Index“ hilft bei der Wahl des Reiseziels
Seit dem Jahr 2012 erstellt Spartacus International Gay Travel, ein Portal für LGBTQI+-freundliches Reisen, jährlich den „Gay Travel Index“ – hier werden Reiseziele nach bestimmen Kriterien wie etwa Achtung der Menschenrechte, Umgang mit der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare oder Strafen für Homosexualität bewertet. Der „Gay Travel Index“ gilt als die wohl wichtigste Übersicht LGBTQI+-freundlicher Länder. Eine weitere bekannte Organisation, die sich für die Interessen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie Trans*-Menschen und Intersexuellen in Europa einsetzt, ist die ILGA-Europe. Auch sie veröffentlicht regelmäßig die sogenannte Rainbow Europe Map, die insgesamt 49 Länder nach ihrer LGBTQI+-Freundlichkeit bewertet. Hier überzeugt vor allem Malta: Bereits zum siebten Mal schafft es der Inselstaat im Ranking auf den ersten Platz. Aserbaidschan, die Türkei und Armenien hingegen landen im diesjährigen Ranking auf den letzten Plätzen.
Natürlich wäre es wünschenswert, dass derartige Übersichten nicht mehr nötig wären und endlich alle Reisenden – ungeachtet ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität – gleichermaßen die bunte Vielfalt unserer Erde kennenlernen können. Solange dies aber noch nicht überall Realität ist, können Verzeichnisse wie der „Gay Travel Index“ Reisenden helfen, eine geeignete Destination für einen sicheren und erholsamen Urlaub zu finden.
Die Top 10 Länder im „Gay Travel Index 2021“
1. Kanada
2. Malta
3. Portugal
4. Spanien
5. Österreich
6. Dänemark
7. Schweden
8. Großbritannien
9. Uruguay
10. Australien

Unsere Top-5-Länder für LGBTQI+-Reisen
Kanada: Eines der tolerantesten Länder der Welt
Laut verschiedenen Umfragen ist Kanada eines der glücklichsten Länder weltweit. Dass es auch eines der liberalsten Länder ist, wird spätestens bei diesem Anblick deutlich: Der Premierminister Justin Trudeau marschiert bei der Pride-Parade in Toronto mit und schwenkt dabei beherzt eine Regenbogenflagge. Doch damit nicht genug: Die Ehe für alle ist im Gesetz verankert, gleichgeschlechtliche Paare können Kinder adoptieren, und in den größeren Städten des Landes gibt es viele LGBTQI+-freundliche Stadtviertel mit Pride-Partys, Kunstausstellungen und Bars. Kein Wunder, dass das weltoffene Kanada als Reiseziel bei der LGBTQI+-Community beliebt ist und beim „Gay Travel Index 2022“ den ersten Platz ergattert hat! Wer einige der spektakulärsten Pride-Paraden weltweit erleben möchte, ist in dem weitläufigen nordamerikanischen Land genau richtig. Hier gibt es jedes Jahr Veranstaltungen wie die Vancouver Pride Parade, die 2022 schon zum 44. Mal stattfindet und das Motto „Together again“ trägt. Auch beim Montréal Pride Festival wird sieben Tage lang die Diversität der kanadischen Gesellschaft gefeiert.

Portugal: Top-Reiseziel in Europa
Portugal gilt als eines der LGBTQI+-freundlichsten Länder der Welt. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist hier seit 2010 Normalität, Gesetze schließen zunehmend verschiedene Geschlechtsidentitäten mit ein und vor allem die Großstädte Lissabon und Porto schmücken sich mit einer großen LGBTQI+-Szene. Entsprechend viele Pride-Veranstaltungen gibt es in den beiden Metropolen. So findet jedes Jahr im Juni das lebhafte Festival Lissabon Gay Pride – auch als Arraial Pride bekannt – statt. Im Herzen Lissabons feiern Einheimische und Besucher an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden mit einer bunten Pride-Parade, verschiedenen Ständen und einem beeindruckenden Bühnenprogramm. Kunstinteressierte werden vom Filmfestival Queer Lisboa begeistert sein. Hier werden ausschließlich Filme rund um die Themen Homo- und Bisexualität sowie Transsexualität gezeigt und ausgezeichnet.

Spanien: LGBTQI+-Hochburgen in Hülle und Fülle
Im beliebten Urlaubsland Spanien gibt es gleich mehrere LGBTQI+-Hotspots. Wer sich nach Inselurlaub sehnt, den zieht es häufig nach Gran Canaria. Die pulsierende Großstadt Las Palmas, die spektakuläre Berglandschaft und die weitläufigen Sandstrände machen die Kanaren-Insel zu einem vielseitigen Reiseziel. Hier muss sich niemand verstecken: Am langen Sandstrand zwischen Maspalomas und Playa del Inglés gilt der Abschnitt rund um den Kiosk Nr. 7 als Paradies für homosexuelle FKK-Fans, und im Yumbo Center in Playa del Inglés finden sich die wohl besten Gay-Bars der Insel. Im Mai feiern auf Gran Canaria jedes Jahr Zehntausende bei der feuchtfröhlichen Maspalomas Gay Pride.
Auch auf dem Festland finden sich Orte für einen Urlaub ohne Einschränkungen. So wie der kleine Ort Torremolinos an der Costa del Sol, der auf eine bewegte Geschichte zurückblickt. In den 1960er-Jahren begann der Aufstieg des Städtchens zum Hotspot der LGBT-Szene, als hier in der kleinen Gasse Pasaje Begoña die erste Schwulenbar Spaniens eröffnete, der viele weitere Lokale folgten. Doch die Freiheit währte nicht lange: 1971 wurden im Rahmen einer Razzia durch die Polizei des totalitären Franco-Regimes die meisten Bars geschlossen. Zum Glück jedoch ohne nachhaltigen Erfolg – heute ist Torremolinos wieder ein bunter, lebendiger und diverser Ort, der Besucher aus aller Welt anzieht. In der spanischen Hauptstadt Madrid erwartet Urlauber das größte Pride-Festival Europas: Madrid Orgullo. Jedes Jahr Anfang Juli gibt es im Rahmen des Festivals ein einwöchiges Programm mit Kundgebungen, jeder Menge Unterhaltung und der weltweit wichtigsten staatlichen LGBTQI+-Demonstration.

Kolumbien: Das LGBTQI+-freundlichste Land Südamerikas
Karibische Strände, lebhafte Städte, mystische Nebelwälder und gastfreundliche Einheimische – Kolumbien gilt zu Recht als eines der vielfältigsten und faszinierendsten Reiseziele überhaupt. Was das Land als Urlaubsort außerdem attraktiv macht: Spätestens seit der Einführung der Ehe für alle im Jahr 2016 zählt Kolumbien zu den LGBTQI+-freundlichsten Ländern Südamerikas. Dank fortschrittlicher Antidiskriminierungsgesetze und einer immer größer werdenden queeren Szene ist Kolumbien ein empfehlenswertes Ziel für wirklich alle Urlauber. Besonders die Hauptstadt Bogotá begeistert mit vielen LGBTQI+-Bars und -Clubs, aber auch weiter nördlich wird gefeiert: In der Hafenstadt Barranquilla findet jedes Jahr einer der größten Karnevalsumzüge der Welt statt, bei dem sich Einheimische und Besucher über eine ausgelassene, vom Wunsch nach Freiheit und Diversität geprägte Stimmung freuen. Wer noch nicht komplett von der Weltoffenheit Kolumbiens überzeugt ist, den wird vielleicht Folgendes umstimmen: Seit 2019 ist Claudia Lopéz Hernández im Amt – die erste Bürgermeisterin Bogotás, die offen lesbisch lebt. Ein weiterer wichtiger Meilenstein für ein traditionell katholisches und ursprünglich eher konservatives Land.

Australien & Neuseeland: Toleranz und Diversität am anderen Ende der Welt
Für viele Menschen ist es ein Lebenstraum: Sich einmal auf die weite Reise ans andere Ende der Welt zu begeben und unvergessliche Wochen in Australien oder Neuseeland zu erleben. Ein Glück, dass beide Länder als fortschrittlich und tolerant gelten. So kann dieser Traum beispielsweise auch für Trans*-Menschen, gleichgeschlechtliche Paare und Regenbogenfamilien wahr werden.
Vor allem Sydney, Australiens bekannteste Metropole, schmückt sich mit einem weltoffenen, lockeren Image und punktet mit einer Vielzahl an Unterhaltungsmöglichkeiten. Besonders bekannt und spektakulär ist der Mardi Gras, ein jährlich im Februar stattfindendes, dreiwöchiges Pride-Festival, das beinahe allein schon eine Australien-Reise wert ist. Doch die Pride-Veranstaltungen beschränken sich nicht auf das australische Festland: Auch auf Tasmanien, der wilden Insel vor Australiens Südostküste, finden regelmäßig Pride-Events statt. Die Insel bietet nicht nur facettenreiche Landschaften und eine einmalige Tierwelt, Urlauber können hier auch die lebendige LGBTQI+-Szene der Inselhauptstadt Hobart kennenlernen.
Auch in Neuseeland ist ein entspannter Urlaub vorprogrammiert: Seit 1993 ist hier die sexuelle Identität eines jeden Menschen gesetzlich geschützt, eine Ungleichbehandlung aufgrund von sexueller Orientierung ist verboten. Besonders in Auckland, der größten Stadt auf der Nordinsel, gibt es eine aktive LGBTQI+-Szene. Hier findet nicht nur jedes Jahr das Auckland Pride Festival statt: Dank der Initiative The Queer Agenda können Einheimische und Urlauber in Auckland das ganze Jahr hindurch verschiedene Pride-Events erleben.
Weitere LGBTQI+-freundliche Reiseziele
Natürlich gibt es weltweit noch viele weitere Länder, in denen sich Mitglieder der LGBTQI+-Community sicher fühlen und einen unvergesslichen Urlaub erleben können. Auch weitere europäische Traumziele wie Schweden, Irland oder Island dürfen sich beim „Gay Travel Index“ über eine Position auf den vorderen Plätzen freuen. Wen es in die Ferne zieht, der ist auch in Südafrika, den USA und Argentinien gut aufgehoben – diese Länder schafften es allesamt unter die Top 25 der LGBTQI+-freundlichsten Reiseziele!
Autorin: Kim Vattersen
Letzte Aktualisierung: 28. Juni 2022