Bereits 1919 in den Niederlanden gegründet, ist die KLM Royal Dutch Airlines heute die älteste noch existierende Fluggesellschaft der Welt, die noch unter ihrem ursprünglichen Namen fliegt. Unerschütterlicher Pioniergeist ebnete den Weg der Fluggesellschaft und tut dies auch heute noch, mehr als 100 Jahre später.

Die Debatte rund um Klima- und Umweltschutz und auch die damit einhergegangene Flugscham haben gezeigt, dass die Luftfahrtindustrie durchaus noch weit von Nachhaltigkeit entfernt ist. Doch die niederländische Airline ist sich schon seit Längerem ihrer Verantwortung bewusst und sucht nach Lösungen, um Tourismus und Auswirkungen auf die Umwelt in Einklang zu bringen: Nachhaltiger Flugkraftstoff (SAF), effizientere Betriebsabläufe, Flottenerneuerung und CO2-Kompensation – hier lässt die KLM ihren Pioniergeist aktiv walten.

Doch wie vielversprechend sind solche Maßnahmen, was sind die größten Herausforderungen auf dem Weg zum nachhaltigen Reisen – und kann man überhaupt noch guten Gewissens fliegen? Christoph Kessel, Marketing Communication Executive bei Air France-KLM Deutschland, stellt sich im Interview unseren Fragen.

Eine Boeing 787 der Airline KLM.

itravel: Unter welchen Voraussetzungen ist Fliegen angesichts der Klimaproblematik in Ihren Augen heute überhaupt noch vertretbar?

Kessel: Wir sollten uns immer die Frage stellen, ob es eine Alternative zum Fliegen gibt. Während der Pandemie haben wir sicherlich alle gelernt, mit Video-Meetings persönliche Treffen zu ersetzen. Oft gibt es auch den Zug oder den Bus als Alternative. Letzterer hat zum Beispiel in den Niederlanden die Flugstrecke Maastricht–Amsterdam längst ersetzt. Wir bieten diesen sogar ohne Aufpreis für Reisen mit KLM an.

Aber natürlich möchten wir alle unsere Freunde und Freundinnen, Verwandte und Geschäftspartner und Geschäftspartnerinnen auch wieder persönlich treffen und neue Länder kennenlernen. Schließlich werden beim Reisen Vorurteile abgebaut und Respekt gegenüber anderen Menschen und Kulturen gefördert. Daher halten wir das verantwortungsbewusste Fliegen auch weiterhin für vertretbar. Wenn wir uns für einen Flug entscheiden, haben wir es teilweise selbst in der Hand, die Reise nachhaltiger zu gestalten. Je weniger Gepäck zum Beispiel mitgenommen wird, desto leichter ist das Flugzeug, und desto weniger Treibstoff wird verbraucht und CO2 ausgestoßen. Wir können auch vorab ein vegetarisches oder veganes Sondergericht auf der Langstrecke bestellen (Anm. d. Red. : was durch den Verzicht auf tierische Produkte, deren Haltung und / oder Herstellung oft sehr umweltbelastend ist, auch zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt). Die Bestellung eines solchen Sondergerichts ist bei KLM übrigens gratis möglich.

KLM ist Teil von „Destination 2050“, einer Initiative der europäischen Luftfahrtbranche, um bis 2050 CO2-neutral zu fliegen. Vorab will KLM bis 2030 30 Prozent weniger Emissionen pro Passagierkilometer (im Vergleich zu 2019) erreichen. Was sind bei KLM die drei wichtigsten Aspekte, um diese Ziele zu erreichen?

Bereits vor der Pandemie haben wir damit begonnen, unsere Flotte zu verjüngen. Wir haben mittlerweile ausschließlich zweistrahlige Flugzeuge in unserer Flotte, die durchschnittlich 15 Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als vergleichbare Maschinen der Vorgängergeneration. Außerdem möchten wir immer mehr nachhaltigen Kraftstoff, sogenanntes Sustainable Aviation Fuel, kurz SAF, beimischen. Das reduziert die CO2-Emissionen um mindestens 75 Prozent. Der dritte Aspekt ist das Überdenken und Optimieren unserer operativen Praktiken. Dieses so genannte Eco-Piloting ermöglicht eine durchschnittliche Einsparung von 2 bis 3 Prozent beim CO2-Ausstoß.

Eine Boeing 787-10 der Fluggesellschaft KLM.

Was sind in Ihren Augen die größten Herausforderungen auf diesem Weg zum klimaneutralen Fliegen?

Natürlich können wir nicht auf einen Schlag alle Flugzeuge ersetzen. Das benötigt einige Jahre. Außerdem stellen uns die Verfügbarkeit und der Preis von SAF vor eine große Herausforderung. SAF ist aktuell noch zwei- bis dreimal so teuer wie herkömmliches Kerosin. Daher möchten wir die Nachfrage nach SAF stimulieren, damit mittelfristig mehr Unternehmen in die Produktion einsteigen und die Kapazitäten damit erhöht werden.

Wie möchte KLM diese Nachfrage nach SAF konkret stimulieren?

Seit dem 1. Januar 2022 mischt KLM auf allen Flügen ab den Niederlanden im Schnitt 0,5 bis 1 Prozent SAF bei. Seit dem 10. Januar 2022 ist in unseren Ticketpreisen ein kleiner Betrag für nachhaltigen Flugkraftstoff enthalten, und zwar völlig transparent. Für ein Economy-Class-Ticket beispielsweise liegt der Betrag zwischen 1 und 4 Euro. Für Business-Class-Tickets ist der Betrag entsprechend höher. Mit dieser Initiative verdoppeln wir den SAF-Anteil im Vergleich zu 2019. Bis 2030 möchten wir den Anteil auf 30 Prozent erhöhen.

Im Rahmen des „CO2ZERO“-Programms bieten Sie Ihren Fluggästen weitere Optionen zur CO2-Kompensation an. Um welche Möglichkeiten handelt es sich dabei?

Bereits seit 2009 bieten wir unseren Kunden und Kundinnen die Möglichkeit, den CO2-Ausstoß zu kompensieren. Dabei setzen wir auf Ausgleichsprojekte, die vom „Gold Standard“ zertifiziert sind. Dieser wird auch vom Umweltbundesamt empfohlen. Gleichzeitig bieten wir ab sofort auch SAF-basierte Optionen an. Diese reduzieren die CO2-Emissionen direkt, sind aber natürlich deutlich kostspieliger als die Kompensation. Trotzdem möchten wir unseren Kunden und Kundinnen diese Möglichkeit geben, ihren CO2-Fußabdruck unmittelbar zu reduzieren.

Der CO2-Impact-Service der KLM im Rahmen der Aktion "Fly Responsibly".

Was konkret erhofft sich KLM von der Initiative „Fly Responsibly“?

Diese Initiative haben wir 100 Tage vor unserem 100. Geburtstag 2019 gestartet, mit dem Ziel, überhaupt auch noch in 100 Jahren fliegen zu dürfen. Wir möchten sowohl unsere Kunden und Kundinnen sensibilisieren als auch die Kräfte innerhalb der Branche bündeln, um gemeinsam vor allem die Herstellung von SAF zu forcieren. Parallel entwickeln wir „Flying Blue“ zu einem nachhaltigeren Airline-Treueprogramm: Wer verantwortungsbewusster reist, wird mit zusätzlichen „Experience Points“ (XP) belohnt, die den „Flying Blue“-Status bestimmen. Für jeweils 2000 Meilen oder 10 Euro, die Mitglieder aktiv für den Kauf von SAF oder für die Kompensation bei KLM ausgeben oder für wohltätige Zwecke spenden, erhalten sie jetzt einen Experience Point.

Auf der Website kann man über die „Sustainable Flight Challenge“ lesen, bei der KLM teilnimmt – eine großartige Idee, wie wir finden! Könnten Sie die Aktion einmal kurz beschreiben?

Gemeinsam mit unseren Partner-Fluggesellschaften in der SkyTeam-Allianz haben wir im Frühjahr diesen „Wettbewerb“ im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit durchgeführt. Es ging weniger darum, ein Ranking aufzustellen, als darum, neue Ideen in der Praxis rund um den Flug zu testen, und zwar vom Check-in bis zur Gepäckausgabe am Zielflughafen. Die Ergebnisse, die aktuell erstellt werden, teilen wir mit den teilnehmenden Airlines. Es geht zum Beispiel um Abfallvermeidung, Recycling und optimierte Flugrouten. Nächstes Jahr ist geplant, auch Airlines außerhalb der Allianz einzuladen, damit wir hier branchenweit gemeinsam vorangehen – für eine nachhaltigere Luftfahrt weltweit.

Im Gespräch: Lisa Pierstorf & Christoph Kessel

Letzte Aktualisierung: 16. August 2022

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