Wasserfälle und Regenwälder, Vulkane und Vanille-Plantagen, weiße und schwarze Sandstrände sowie alpine Gipfel: Die zu Frankreich gehörende Tropeninsel La Réunion ist der südlichste Punkt und das wohl exotischste Land Europas. In unserem Expertengespräch über La Réunion nimmt itravel-Produktmanager Marco Riester Sie mit zu den kulturellen und natürlichen Highlights eines seiner absoluten Lieblingsreiseziele. Erfahren Sie, wie sich La Réunion am besten bereisen und mit welchem anderen Land sich die Insel perfekt kombinieren lässt.
ITRAVEL: Herzlich Willkommen Marco und vielen Dank, dass Du da bist.
REISEEXPERTE MARCO RIESTER: Vielen Dank für die Einladung und dass Ihr mir die Möglichkeit gebt, über eine meiner absoluten Lieblingsinseln, eines meiner absoluten Lieblingsreiseziele zu sprechen.
Du warst letztes Jahr erst auf La Réunion, richtig?
Richtig, im September war ich dort. Ich muss sagen, dass ich in meinem Beruf natürlich ein bisschen rumkomme. Ich habe schon ein paar Länder bereist, ein paar Regionen. Aber La Réunion hat sich da definitiv eingebrannt. Nicht, weil die Reise erst vor Kurzem stattfand, sondern weil die Insel bei mir nachträglich Eindruck hinterlassen hat.
Ein paar Fakten kann ich zu der Insel schon mal sagen: La Réunion ist eine kleine Insel, liegt im Indischen Ozean, ist der Nachbar von Mauritius und liegt circa 700 Kilometer östlich von Madagaskar, in etwa auf der Höhe vom Krüger Nationalpark in Südafrika. Die Insel ist vulkanischen Ursprungs, genauso wie Mauritius. La Réunion liegt auf dem sogenannten Hotspot – das bedeutet, der höchste Gipfel der Insel ist etwa 7.000 Meter hoch. Das bedeutet allerdings nicht 7000 Meter über dem Meeresspiegel, denn etwa 4.000 Meter liegen im Wasser. Somit ist der höchste Berg, der Piton de Neiges, etwa 3.000 Meter hoch. Neige ist Französisch und bedeutet Schnee. Das heißt, es kann dort auch schon mal sehr frostig werden. Die Insel liegt ein paar tausend Kilometer südlich des Äquators. Es herrscht dementsprechend insgesamt ein tropisches Klima, aber dadurch, dass es in unserem Sommer, also deren Winter nachts schon einmal ein bisschen abkühlen kann, gerade ab einer Höhe von etwa 1.500 Meter, kann es schon mal sein, dass der Boden über Nacht gefriert. Es ist kein echter Schnee, aber doch ähnlich.

Der höchste Vulkan auf La Réunion ist erloschen. Aber es gibt ja durchaus noch einen aktiven Vulkan auf der Insel, oder?
Genau, der Piton de Neiges ist vor circa 12.000 Jahren erloschen. Der Piton de la Fournaise ist aber nicht nur ein aktiver Vulkan, sondern auch einer der aktivsten Vulkane der Erde. Das bedeutet, er bricht ein bis maximal zwei Mal im Jahr aus. Allerdings anders, als man es sich vorstellt. Anders als zum Beispiel in Island, als dort vor ein paar Jahren der Vulkan ausbrach und den kompletten Flugverkehr in Nordeuropa lahmlegte, weil die Aschewolke einfach so riesig war. Beim Piton de la Fournaise ist das ein bisschen anders. Der bricht zwar auch aus, aber er hat mehrere kleine Krater und nicht diese eine Kuppel, in der dann ein riesiger Druck entsteht und auf einmal alles explodiert. Durch die kleinen Krater des Piton de La Fournaise läuft die Lava fast schon gemütlich heraus. Tritt die Lava aus, läuft sie meistens an der Südostseite der Insel ganz gemächlich hinab, bis sie im Meer ankommt und erkaltet.
Man kann also beobachten, wie die Lava fließt?
Wenn man Glück hat und zum richtigen Zeitpunkt auf der Insel ist, ja. Ein paar Tage, bevor ich dort war, war der Zugang hoch zum Vulkan geschlossen, denn zu dem Zeitpunkt war die Lava gerade sehr sichtbar. Ich hatte Glück und wir konnten dann trotzdem wandern.

Die Vulkane hochwandern – ist das das Typische, was man auf La Reunion macht?
Wandern ist ein riesiges Thema auf der Insel, aber natürlich nicht alles. Ich bin der Meinung, dass man nicht gute zwölf Stunden in diese Regionen fliegt, um sich einfach eine Woche faul an den Strand zu legen. Das kann man machen, gerade in den Monaten September bis Dezember hat man im Durchschnitt knapp unter 30 Grad, wenig Regen und somit beste Badebedingungen. Vor allem Baden an der Westküste ist sehr schön. Allerdings reist man in erster Linie allerdings nach La Réunion, um die einzigartige Flora und Fauna zu genießen, einen der aktivsten Vulkane der Welt zu bewandern und zu besteigen. 2.600 Meter ist der Piton de La Fournaise hoch – ziemlich beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die Insel an sich relativ klein ist. Die Insel hat ungefähr 50 auf 70 Kilometer, das bedeutet, sie ist ungefähr so groß wie das Saarland oder dreimal so groß wie Berlin. Wenn man dann bedenkt, dass der höchste Berg 3.000 Meter hoch ist und der Vulkan 2.600 Meter am Gipfel misst, dann sind das schon echte Ausmaße.
Wie ist die Wanderinfrastruktur auf La Réunion? Ist sie vergleichbar mit den Alpen, d.h. Wege sind ausgeschildert und es gibt Hütten?
Die touristische Infrastruktur, also zum Beispiel Wanderwege und Hotels, ist ausgezeichnet. Es ist tatsächlich ungefähr so wie in den Alpen. Alle paar Meter beziehungsweise alle paar Kilometer sind Schilder aufgestellt. Es ist also sehr gut ausgeschildert, zum Wandern perfekt.
Und dann wandere ich durch Regenwald, entlang von Wasserfällen und was sehe ich noch so?
Natürlich den Vulkan. Die ganze Region rund um den Vulkan grenzt sich vom Rest ab. Rund um den Piton de Neiges, der ungefähr im Zentrum der Insel ist, gibt es drei Talkessel. Namentlich sind das Salazie, Cilaos und Mafate, wobei letzterer nicht mit dem Auto zugänglich ist, es gibt dort keine Straßen. Stattdessen muss man reinwandern oder mit dem Helikopter reinfliegen.

Das Bild zeigt den Weg von Saint-Denis, der Hauptstadt mit 150.000 Einwohnern im Norden der Insel. Von hier fährt man an der Ostküste ein kleines Stück nach Süden. Dort findet sich der Eingang zum Talkessel und man befindet sich auf einmal in einer anderen Welt. Saint-Denis ist eine schöne, kleine Stadt – Moderne und Tradition treffen hier aufeinander. Sobald man die Stadt verlässt, hat man einen großartigen Blick. Man fährt entlang der einzigen Straße, die es in diese Richtung gibt, in den Talkessel hinein und ist einfach nur überwältigt. Links und rechts erheben sich Steinwände, hunderte Meter hoch, und es gibt überall Wasserfälle. Ohne die Straße verlassen zu müssen, ist es überall präsent und die Schönheit der Insel springt einen quasi an.
Zum Vergleich habe ich noch das rechte Foto mitgebracht: Viele Reiseexperten oder Menschen, die schon einmal dort waren, erkennen es vielleicht. Das ist nicht La Réunion, das ist Mauritius im Black River Gorges Nationalpark. Die Landschaft ist ähnlich – Mauritius hat auch viele Wasserfälle und die Insel ist auch vulkanischen Ursprungs. Was das Naturparadies La Réunion allerdings ausmacht, das sind eben diese Talkessel mit ihrer einzigartigen Flora und Fauna.

Du hast noch weitere Bilder mitgebracht.
Genau, die sind auf einer Wandertour in Salazie entstanden, auf dem Weg zu einer der bekanntesten Aussichtsplattformen, dem Col des Bœuf. Auf der linken Seite habe ich ein Schild fotografiert, weil sich im Hintergrund der Regenwald so schön zeigt. Sobald man sich von den Wanderpfaden entfernt, ist man mitten im Dschungel. Ich war auch schon in Asien unterwegs, da ist es ganz anders: Im Gegensatz zu La Réunion sind die Inseln dort sehr erschlossen und werden überwiegend landschaftlich genutzt. Circa die Hälfte von La Réunion ist hingegen ein Nationalpark, also keine Landwirtschaft. Es ist noch sehr ursprünglich. Bis heute gibt es 800 endemische Pflanzenarten, die nur auf der Insel wachsen.

Auf dem nächsten Bild sieht man nicht so viele Pflanzenarten.
Wie eben erwähnt, ist die Region um den Vulkan eine ganz andere Welt. Es gleicht einer Mondlandschaft, bevor man in Richtung Vulkan kommt. Wir waren dort mit dem Mietwagen unterwegs – das ist ein absoluter Tipp, wenn man die Insel bereist. Die Straßen sind super ausgebaut und man kommt überall hin. Natürlich gibt es ein paar kniffelige Ecken, wie diese Straße hier, die Richtung Horizont zeigt. Das ist ein echter Feldweg. Auf so etwas muss man sich schon einstellen. Es ist letzten Endes ein kleines Abenteuer, aber ungefährlich und spaßig.

Das nächste Bild zeigt eine Stadt.
Stadt wäre zu viel gesagt. Das ist Cilaos, morgens von der Terrasse unseres Hotels fotografiert. Der zweite Talkessel befindet sich im gleichnamigen Ort Cilaos. Bei Salazie gibt es den Ort Hell-Bourg, der mehrfach zum schönsten Ort Frankreichs gewählt wurde. Er sieht tatsächlich aber recht ähnlich aus. Hell-Bourg liegt im Grünen auf einem kleinen Plateau und mitten in den Bergen. Um nach Cilaos zu kommen, ist es allerdings ein bisschen abenteuerlicher als nach Salazie, weil man durch einen kleinen Tunnel fährt. Der ist zwar nur ungefähr 200 Meter lang, aber nur so hoch und breit, dass gerade ein Auto hindurch passt. Es kostet also ein bisschen Überwindung, aber auch hier arrangiert man sich. Die Menschen sind entspannt, es herrscht typisch südländisches Feeling und alle sind sehr hilfsbereit.

Am Indischen Ozean erwarte ich auch glasklares Meer, Sandstrand und Palmen.
Natürlich. Das Bild zeigt allerdings nicht La Réunion, sondern die Nachbarinsel Mauritius. Es ist sinnbildlich dafür, warum ich diese zwei Inseln immer in einer Kombinationreise machen würde. La Réunion hat diese einzigartige Landschaft, ist perfekt zum Wandern geeignet und um aktiv zu sein. Man kann aber nicht nur wandern, man kann auch Canyoning machen. Dabei seilt man sich durch einen Wasserfall hinab – nicht nur einen, es gibt mehrere. Immer abwechselnd Wasserfall, Plateau, Wasserfall. Das ist spannend und ich kann es absolut empfehlen. Man muss sich zwar ein wenig überwinden, aber es ist alles sicher. Man ist sehr gut abgesichert und hat einen geschulten Wanderführer dabei.
Um aber nochmal auf den Strand zurückzukommen: Mauritius ist bekannt für weiße Sandstrände und der Flug von La Réunion aus dauert nur etwa 30 bis 45 Minuten.
Also zusammenfassend reise ich zuerst nach La Réunion, um aktiv zu sein, um zu wandern, zu tauchen, um Canyoning und Paragliding zu machen. Danach geht es dann rüber nach Mauritius zum Entspannen.
Richtig, zum Entspannen und Kultur genießen. Mauritius hat zudem ebenfalls sehr viel zu bieten, auch landschaftlich. So zum Beispiel den Berg Le Morne, der oben auf dem Bild zu sehen ist. Mauritius ist nicht nur Strand, sondern auch Natur und Nationalparks – nur eben nicht in dem Ausmaß wie La Réunion.
Zum Ende noch eine Runde Rapid-Fire-Questions.
Mit oder ohne Kinder bereisen? Ich selbst habe keine Kinder, also für mich ohne. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass man auch Kinder mitnimmt. Ich könnte mir vorstellen, dass es viele Kinder gibt, die an einem Helikopterrundflug oder am Wandern auf La Réunion Spaß haben.
Aktiv oder Entspannung? Aktiv, definitiv.
Wandern, Canyoning oder Tauchen? Alle drei. Die Insel ist wie gesagt perfekt zum Wandern und Canyoning. Es gibt aber auch ein vorgelagertes Riff, in dem es sich sehr schön tauchen lässt. Jeder, der sich mit der Insel beschäftigt, wird auch irgendwann auf das Thema Haie stoßen. Klar, gibt es im Indischen Ozean Haie, allerdings ist das auf La Réunion insofern ungefährlich, als dass man nur an der Westseite rund um den Badeort Saint-Gilles badet oder taucht. Dort gibt es dieses vorgelagertes Riff, welches sich circa zwei bis drei Kilometer vom Ufer entlang zieht. Es ist absolut ungefährlich dort zu schwimmen, zu tauchen, zu schnorcheln oder zu segeln.
Vanille oder Zuckerrohr? Vanille. Man kennt die bekannte Bourbon Vanille, die kommt tatsächlich von La Réunion. Früher, im 19. Jahrhundert, hieß die Insel auch Île Bourbon. Ursprünglich kommt die Vanille aus Mexiko. Auf La Réunion wurde sie von Siedlern angebaut – unter perfekten Bedingungen. Man kann auch einige Plantagen besichtigen.
Rundreise oder an einem Ort bleiben und Tagesausflügen unternehmen? Sehr gute Frage. Die Insel ist, wie schon gesagt, relativ klein, dennoch muss es definitiv die Rundreise sein, denn man legt auch sehr viele Höhenmeter zurück. Zum Beispiel gibt es mitten im Zentrum ein Hochplateau, welches 2.000 Meter über Normalnull liegt. Um dort hinzukommen, benötigt es schon etwas Zeit. Daher würde ich für eine La Réunion-Reise schon drei oder vier Stationen empfehlen.
Privat geführt oder Selbstfahrer? Selbstfahrer. Man kann es auch privat geführt machen, die Guides sind super ausgebildet. Es gibt zwar das Gerücht, dass man in französischsprachigen Ländern nur mit Französisch weiterkommt. Diese Erfahrung habe ich allerdings nicht gemacht mit meinem Schulfranzösisch und Englisch. Die Einheimischen sind sehr hilfsbereit.
Im Gespräch: Pia Gassner & Marco Riester
Fotos: Marco Riester, iStock
Letzte Aktualisierung: 25. Juni 2020